Interview Neue Osnabrücker Zeitung vom 7. Juli 2021

»BESSERE WORK-LIFE-BALANCE«
»Mit Teilzeitarbeit zu mehr Lebensglück und Zeit für andere Dinge« 

»Osnabrück. Was sind die Vorteile unkonventioneller Arbeitsmodelle und welche Fallstricke musst Du beachten? Das und alles andere rund um das Thema erklärt Autor und Redakteur Axel Mengewein.« 

Interview Neue Osnabrücker Zeitung

»In diesem Artikel erfährst Du: Welche Vorteile Dir unkonventionelle Arbeitszeitmodelle bieten. Was Du beachten musst, wenn Du Deine Arbeitsstunden reduzieren möchtest.
Welche Fallstricke bei der Stundenreduzierung auf Dich warten.

Der Anteil der Teilzeitbeschäftigten hat sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich erhöht. Bezogen auf die abhängig Erwerbstätigen stieg der Anteil zwischen 1985 und 2018 bei den Männern von 1,4 auf 11,2 Prozent und bei den Frauen von 28,9 auf 47,9 Prozent, wie aus Daten des Statistischen Bundesamts hervorgeht.

Ursprünglich um seine Mutter zu pflegen, hat Axel Mengewein vor einigen Jahren seine Arbeitsstunden reduziert. Später hat der studierte Wirtschaftsinformatiker und ZDF-Redakteur Gefallen an der zusätzlichen Zeit gefunden und sie genutzt, um sich zu entwickeln, mehr Sport zu machen, die Welt zu bereisen und ein Buch zu schreiben. „Bis heute lebe ich dadurch glücklicher“, stellt er im Gespräch mit unserer Redaktion fest und empfiehlt jedem, Teilzeitarbeit auszuprobieren.

Weltreise, eigenes Buch, schwarzer Gürtel in einer Kampfkunstart

Doch wie hat sich das Leben des Autors verändert, seit er seine Arbeitsstunden reduziert hat? „Ganz großartig und nachhaltig positiv“, so Mengewein. Er hat unter anderem eine Weltreise und den schwarzen Gürtel in einer asiatischen Kampfkunstart gemacht. Dass Teilzeitarbeitende heute noch belächelt werden, glaubt Mengewein nicht. „Im Gegenteil“, meint er. „Wer hätte vor Corona schon gedacht, dass Homeoffice mal so verbreitet sein würde?“ Das sei vorher auch nicht ernst genommen worden. 

„Flexible Arbeitszeitmodelle bieten Leben, Freiheit, Gesundheit und Glück.“ Axel Mengewein, Redakteur und Autor

Der Arbeitsmarkt im Wandel

Viele große Unternehmen ermöglichen es ihren Arbeitnehmern problemlos, Teilzeit erst einmal auszutesten. „Das heißt einfach mal für mindestens ein Jahr, maximal fünf Jahre, Teilzeit ausprobieren und dann garantiert zurück in die Vollzeit kommen“, erklärt Mengewein. Das habe es in der Form vorher nicht gegeben. „Früher blieben viele in der Teilzeit hängen“, sagt der Autor. Durch die Brückenteilzeit sei es völlig legitim geworden, weniger zu arbeiten und mehr zu leben – auf begrenzte Zeit, um Erfahrungen damit zu sammeln. Dabei müsste die Reduzierung der Arbeitsstunden nicht immer unbedingt um 50 Prozent sein. „Schon eine geringe Reduktion von fünf oder zehn Prozent können sich als sehr bereichernd erweisen“, meint der Autor. In seinem Buch „Halbe Arbeit – ganzes Leben“ stellt er eine Reihe von möglichen Modellen zur Stundenreduzierung vor.

Selbstverwirklichung als oberstes Ziel

Insbesondere bei der Generation „Z“, also denjenigen, die zwischen 1997 und 2012 geboren sind, sei die Akzeptanz von flexiblen Arbeitszeitmodellen Mengewein zufolge schon weit verbreitet. „Es ist nicht mehr das oberste Ziel, Karriere zu machen oder sich völlig für dem Arbeitgeber aufzuopfern, freiwillig Überstunden zu machen.“ Viel mehr gehe es um Selbstverwirklichung, Berufung finden, nachhaltig, gesund und glücklich leben, im Einklang mit sich selbst und der Natur. 

Und auch für junge Arbeitnehmer, die gerade erst in das Berufsleben einsteigen und dementsprechend in den meisten Fällen noch nicht das größte Einkommen haben, sei Teilzeit Mengewein zufolge dennoch möglich. „In jungen Jahren hat man auch noch weniger Fixkosten, als später mit beispielsweise Raten für Konsumkredite, Mobilität oder gar eine Immobilie“, meint der Redakteur. „Wenn man jung ist, hält man es auch mal ein paar Jahre in der Ausbildung, im Studium oder einer Entwicklungsphase im Studentenwohnheim, einer WG, oder einem Zimmer zur Untermiete aus.“ Mengewein rät dazu, eine Art Haushaltsbuch zu führen, um zu sehen, wie viele Kosten für eine Teilzeitphase reduziert werden können. 

„Um in Teilzeit seine Talente zu fördern, sollte man es als Investition in seine eigene Zukunft sehen.“Axel Mengewein, Redakteur und Autor

Ein großer Vorteil von Teilzeitarbeit sei Mengewein zufolge insbesondere, dass der Arbeitgeber und auch der Arbeitnehmer selbst mehr auf die eigenen Arbeitsstunden achten. „Diese Achtsamkeit verhindert unbezahlte Überstunden, weil allen klar ist, jede vierte Woche beispielsweise ist die Nachwuchskraft nicht im Unternehmen.“

Worauf Arbeitnehmer besonders achten sollten

Bevor sich ein Arbeitnehmer dazu entscheidet, seine Stunden zu reduzieren, sollte er vorher mit allen Beteiligten ausführlich reden. „Gut recherchieren und sich einen Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten und Auswirkungen schaffen. Kosten reduzieren, vielleicht über Minimalismus nachdenken“, rät Mengewein. Und Arbeitnehmer sollten – ab dem Antrag auf Teilzeit – alles schriftlich fixieren und eine Rückkehrfrisst festsetzen. Wichtig sei dem Autor zufolge auch eine gute Vorbereitung, sodass sich Teilzeitarbeitende in ihrer frei gewordenen Zeit tatsächlich lang ersehnte Ziele erfüllen können. Welche Ziele das sind, müsse jeder für sich selbst herausfinden.

„Am Sterbebett werden wir sicherlich nicht darüber fröhlich resümieren, wie viele Überstunden wir freiwillig der Chefin geschenkt haben.“Axel Mengewein, Redakteur und Autor

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Von Jule Rumpker

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