Kapitel im Buch von Michael Opoczynski im August 2020

Buchtitel: »Restposten. Sind unsere Jobs noch zu retten?«

»AXEL MENGEWEIN BEWEIST, DASS ES EIN SELBSTBESTIMMTES ARBEITEN GIBT«

[…] Seite 148 ff »Ein Beispiel, wie auch in einer härter werdenden Arbeitswelt eine befriedigende Balance zwischen Arbeit und Leben gefunden werden kann. Halbe Arbeit, ganzes Leben heißt das Buch von Axel Mengewein, in dem er seinde Erfahrungen schildert und andere ermuntert, es ihm nachzumachen. In dem er zeigt, wie mit der Reduktion der abhängigen Beschäftigung und der dadurch gewonnenen Zeit eine insgesamt befriedigende Arbeitssituation entstehen kann.«

„Ich musste von heute auf morgen aus meinem Vollzeitjob aussteigen, weil meine Familie mich brauchte“, erzählt Mengewein. Und so wurde er von jenem, wie er es nennt, „Teilzeit-Trojaner gekapert“, den auch andere Umsteiger schon kennengelernt haben. Er arbeitete Teilzeit, sein Gehalt wurde reduziert, aber er packte sich das bisherige Ganztagsarbeitspensum drauf und ging dabei über seine Grenzen. Immer wieder, bis er nicht mehr konnte.

So geht es vielen Teilzeitbeschäftigten. Der eigentliche Job, die Zeit für die Tätigkeit als Angestellter, wird nur auf dem Papier reduziert, nicht aber real. Doch nur, wenn die Arbeitszeit tatsächlich reduziert wird, kann die Teilzeitbeschäftigung das bringen, was Mengewein in seinem Buch so treffend „halbe Arbeit, ganzes Leben“ nennt. Mengewein, gelernter Wirtschaftsinformatiker, Redakteur, beim ZDF in Mainz, hatte viele Jahre leitender Tätigkeit hinter sich, mit allem, was dazugehörte: Überstunden, ständige Erreichbarkeit, Selbstausbeutung. So, wie viele andere das kennen, die in ihrem Beruf aufgehen und alles andere vernachlässigen und dabei glauben, das müsse so sein. Inklusive der permanenten Müdigkeit und des Gefühls des andauernden Gehetzt seins. Deswegen musste er zunächst lernen, dass Teilzeit bedeutet, auch weniger Output zu erzeugen. Inzwischen kann er über die unterschiedlichen Formen der reduzierten Angestelltentätigkeit berichten und vor allem: über ganz unterschiedliche Möglichkeiten, aus der gewonnenen freien Zeit etwas Sinnvolles zu machen. Mengewein schreibt: „noch vor einigen Jahren hätte ich mir ein solches Leben mit siebzehn arbeitsfreien Wochen pro Jahr nicht vorstellen können. Ich war so weit von Teilzeit entfernt, wie es ein aufstrebender Redakteur nur sein kann. Doch dann geschah etwas, das mich aus der Bahn warf. Arbeit, Erfolg, Karriere – das alles war nicht mehr länger wichtig. Ich musste für meine Familie da sein und beschloss, für eine Weile in Teilzeit zu gehen. Einfach war das jedoch nicht. ich startete ohne jegliche Vorkenntnisse. Den Umfang der Aufgaben an die Stundenreduzierung anzupassen, musste ich erst einmal lernen.“

Inzwischen geht es seiner Familie wieder gut und eigentlich könnte der Journalist die Rückkehr zur Vollzeitbeschäftigung ins Auge fassen. Er will aber nicht: „Die Teilzeit habe ich seitdem freiwillig beibehalten und über die Jahre verschiedene Modelle ausprobiert. Zum Beispiel die Viertagewoche. Oder: Zwei Wochen Arbeit, zwei Wochen frei. oder auch die Bildungsteilzeit.“ In einem Interview Berichtet Mengewein von den vielen Möglichkeiten, die der Arbeitgeber ihm eröffnetet (allerdings hat das ZDF dabei auch geduldig mitgespielt, was man so nicht überall erwarten kann): Ich nutze die gewonnene „Teilzeitfreiheit“ und erfülle mir lang ersehnte private Wünsche. Ich bereise die ganze Welt, habe mir den schwarzen Gürtel erkämpft und ein Buch geschrieben – was ursprünglich als Reisetagebuch geplant war, wurde schließlich ein Plädoyer für Teilzeit, für weniger Arbeiten und mehr Leben.“ Daneben, sagt Mengewein, habe er endlich Zeit für so wichtige Dinge wie Liebe, Familie, Freunde, Sport, Hobbys und ehrenamtliche Tätigkeiten. Dank Teilzeit fühle er sich heute glücklicher und selbstbestimmter: „Ich ruhe mehr in mir und bin ein zufriedenerer Mensch.“

Bisher waren es vor allem Frauen, die den Ausstieg aus der Vollzeitarbeit wählten, in erster Linie, um sich um ihre Kinder zu kümmern. Wenn sie dann zurückkehren wollten, gab es bei vielen Arbeitgebern nur Schulterzucken. „Das“, sagt Mengewein, „ist jetzt besser. Seit 2019 gibt es die sogenannte Brückenteilzeit. Eine Rückkehr zum Fulltimejob muss angeboten werden.“ Zumindest von den Arbeitgebern in größeren Firmen. „Dadurch lassen sich die Vorzüge von weniger Arbeiten, mehr Leben risikolos ausprobieren.“

Ist das alles nur ein Modell für die abhängig Beschäftigten, also für die Mitarbeiter der unterer Entscheidungsebenen? Nicht für Manager= Nicht für Selbständige? „Keineswegs“, sagt Mengewein. Ich kenne im Managementbereich die Beispiele der sogenannten Tandemjobs oder Topsharings, die erfolgreich funktionieren. Die Effizienzexpertin Christine Walker sagt, wenn Chefs mehr als sechs Stunden am Tag arbeiteten, machten sie etwas falsch, und zeichnet ein ungewöhnliches Szenario für Manager: „Stellen Sie sich vor, Sie wachen morgens auf und haben einen leeren Terminkalender!“ Man müsse Teilzeit grundsätzlich neu denken, fordert Mengewein. „Ich kann nur jedem raten, Teilzeit einfach zu testen.“

[…]

Klapptentext: Restposten

»Digitalisierung und künstliche Intelligenz, dazu die Corona-Krise als Brandbeschleuniger – unsere Arbeitswelt befindet sich in einem Umbruch wie nie zuvor. Sind unsere Jobs überhaupt noch zu retten?«

Michael Opoczynski

»Der Wirschaftsexperte und ehemalige WISO-Moderator Michael Opoczyski schildert anhand von hochaktuellen Beispielen, wie immer mehr unserer Alltagsjobs wegbrechen und wie radikal sich unsere Arbeitswelt gerade wandelt. Ein Buch, das wachrüttelt, aber auch zukunftsfähige Formen der Arbeit aufzeigt.«

Zitat Opoczynsik: »Mit dem oft daher gesagten Spruch „Alles wird gut!“ kommen wir diesmal nicht durch.«

PS Lieber Opo, vielen Dank!